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Windbeutel
und einsame Inseln
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Die
Südsee und Grönland, Kalifornien und Texas liegen gar
nicht weit. So will es uns jedenfalls das Reisebüro "Fernistnah"
weismachen, das den Blick ganz unspektakulär auf die Deutschlandkarte
lenkt. Alle noch so exotisch klingenden Urlaubsziele finden sich
nämlich hier in diesem Land, im Kreis Schleswig-Flensburg,
in Krempe oder Kiel. Und schon für zwei Mark kann man die Orte
bereisen - in Gedanken zumindest, denn man erhält einen Reiseplan
mit allen Zugverbindungen.
Schon
zum 13. Mal hat der "Schmalclub"namens "Pro
Nova", den Heiner Blum und seine Studenten der Offenbacher
Hochschule für Gestaltung zusammen mit dem Ballett Frankfurt
gestalten, ins Bockenheimer Depot eingeladen: Um Vertreter geht
es diesmal; wie auf einer Messe bieten Verkäufer an etlichen
Ständen ihre Waren an.
Es
sind kuriose Angebote, die die Offenbacher da zusammengesucht haben.
Neben der Backmischung "Krafticus" für Sportler,
die in 1,4-Kilo-Eimern verkauft wird, kann der Besucher auch Windbeutel
von Bofrost probieren. Er kann sich aber auch an einem Stand des
Konsulats der Kirgisischen Republik informieren oder bei einem Reiseanbieter,
der kleine Inseln weltweit vermietet oder verkauft. Nichts scheint
zu absurd und ist dennoch irgendwie interessant: nicht das in einem
Wasserbehälter umherfahrende Swimmingpool-Reinigungsgerät,
nicht das alleine vor sich hinspielende Klavier oder die schimmernden
Fischköder. Das riesige und absurde Angebot erstreckt sich
auf alle Lebenssituationen: Von allen wichtigen Weltreligionen sind
einige Vertreter da, es gibt Vertreter für Autos, fürs
Flirten und Psycho-Gesprächsrunden für problembeladene
Männer.
Alles,
so vermitteln die Veranstalter des "Schmalclubs" im Hinblick
auf die an die jederzeit abrufbaren Daten im Internet gewöhnte
Informationsgesellschaft, alles ist gleichermaßen verfügbar,
aber auch austauschbar. Wie in einem Supermarkt läßt
es sich so durch die Welt des Konsums schlendern, ein beliebige,
buntes Sammelsurium voll schriller, nie gesehener und auch komischer
Waren. In einen neuen, künstlichen Zusammenhang gestellt, werden
so andererseits selbst das Gemüsemesser oder der Vorwerk-Staubsauger
zu interessanten Gegenständen.
Aber
auch die Besucher des unterhaltsamen "Schmalclubs" werden
zu Vertretern - und zwar ihrer Meinung. Am Eingang können sie
ein Schild aussuchen, das sie den ganzen Abend tragen. "Aldi"-,
"Offenbach"-, "ungeschminkte Frauen"- oder "Schnittblumen"-Anhänger
sind so auf den ersten Blick erkennbar. Und ansprechbar. Denn wie
immer entpuppt sich der "Schmalclub" als eine Veranstaltung,
bei der sich Leute wunderbar kennenlernen können.
Katharina
Deschka
Frankfurter Allgemeine Zeitung
07.12.01
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